Ein kleiner Bericht von unserer Reise nach Barcelona, San Sebastian und Lissabon:
Barcelona Nach entspanntem Flug mit dem Aerobus (5,90 Euro) locker vom Flughafen Barcelona in die Innenstadt und ins Smarthotel Barcelona, das fußläufig zum Stadion liegt. Während wir noch unterwegs waren, wurde in Granada das letzte Primera-Division-Spiel der Saison abgepfiffen und Barca war damit mal wieder spanischer Meister. Fans in blau-roten Trikots strömten singend aus den Bars, aber die eigentliche Feier sollte erst am nächsten Tag stattfinden. Am Nou Camp ein irrer Menschenauflauf. Zunächst brachten wir einen Moment, um den richtigen Eingang zum Innenraum zu finden, dann trauten wir unseren Augen kaum: Die Schlange reichte einmal fast komplett ums Stadion herum, was die Laune schon etwas verdüsterte. Würden wir überhaupt noch einen annehmbaren Stehplatz bekommen? Als wir dann nach etwa 45 Minuten im Stadion waren, die Erleichterung, konnten wir doch noch bis ins erste Drittel vorgehen und dort ziemlich entspannt stehen. Ein paar La Olas und einige Barca-Gesänge (sehr viele Bruce-Fans mit Barca-Trikot im Stadion) später, wurde die Choreografie geprobt. Sah schon ziemlich gut aus. Perfekt war sie dann, als die Band die Bühne betrat und auf der der Bühne gegenüberliegende Kurve der Schriftzug „Bruce“ zu sehen war, eingerahmt von den Farben der katalanischen Fahne. Wow! Als es dann mit „Badlands“ und No Surrender“ losging, war zu spüren, dass dies ein besonderer Abend werden würde. Die Begeisterung, Bruce endlich wieder live sehen zu können, war für uns jedenfalls in jeder Sekunde spürbar. Es wurde aus voller Kehle mitgesungen, gehüpft, geklatscht, die Arme geschwenkt. Und das nicht nur im Pit oder im ersten Drittel des Innenraums, sondern schlicht überall. Konnte es kaum glauben und musste mich immer weder umsehen. Auch die Leute auf den Rängen im Ausnahmezustand. Kein Sitzen, kein Ausruhen, Euphorie pur. Hatte schon viel von der besonderen Atmosphäre in Barcelona gehört – da war sie! Und entsprechend gut drauf war auch die Band. Für mich immer toll, wenn Patti dabei ist, gerade für Songs wie „Out In The Street“ oder „Brilliant Disguise“. „I'm Goin Down“ war ein Höhepunkt, das unheimlich intensive „Drive All Night“ ein anderer. Natürlich auch „Point Blank“, „The River“ (mit Lichtermeer im Stadionrund) und „Thunder Road“ mit einem singenden Stadion, das für Gänsehaut sorgt – und natürlich „Purple Rain“. Nicht nur ein emotionaler Höhepunkt, auch eine musikalisch herausragende Coverversion. Fantastisch der das Energielevel noch mal steigernde Zugabenblock mit „Twist & Shout“, bei dem um uns herum alles ausrastete, tanzte, schrie und einfach nur glücklich war. Dreieinhalb Stunden, die tatsächlich wie im Flug vergingen. Hinterher dann noch fix das auf 800 Exemplare limitierte Barcelona-Konzertposter gekauft (30 Euro) und ab ins Hotel. Theoretisch jedenfalls. Praktisch verliefen wir uns erst mal ordentlich im Straßengewirr und waren schließlich gegen 3 Uhr im Bett. K.o., aber im Bewusstsein eines der intensivsten Konzerte unserer bisherigen Bruce-Geschichte (erstes Konzert 1996) gesehen zu haben. Barcelona, wir kommen wieder!
San Sebastian Mit dem Zug in ca. fünf Stunden nach San Sebastian, eine wunderschöne Stadt an der Atlantikküste, die eher das Flair eines mondänen Badeorts hat. Hier läuft viel Geld die Strandpromenade rauf und runter, das 4-Sterne-Hotel Palacio de Aiete kostete aber trotzdem nur 88 Euro (großes Doppelzimmer). Nach kurzer Akklimatisierung am Tag vor dem Konzert gleich mal zum Stadion gegangen, das in ca. 30 Minuten zu Fuß zu erreichen war. Ein paar Tramps standen draußen, die meisten waren unterwegs, weil der nächste Rollcall erst in einer Stunde erfolgen sollte. Als wir kamen (ca. 16 Uhr) waren etwa 500 Nummern vergeben. Bei einem Gang ums Stadion erspähten wir ein geöffnetes Tor. Der Bühnenaufbau war in vollem Gange, wir blieben unbehelligt, konnten Fotos machen und uns ein wenig umsehen. Nett! Dann in den Fanshop von Real Sociedad und mit Souvenirs eingedeckt. Rund ums Stadion wenig los, Hochhäuser, ein paar kaum frequentierte Bars und Cafes – aber das war am nächsten Tag natürlich anders. Im Hotel hatte man uns schon gesagt, dass es sich lohnen würde, früher zum Stadion zu gehen, es sei so eine nette Atmosphäre dort. Und so war es dann auch. In den Bars live überall Springsteen, manche Bedienungen waren als „Rockerbräute“ angezogen, das Bier floss und ein Baguette mit Tortilla-Belag war so mächtig, dass es uns locker über die nächsten Stunden brachte. Ca. 20 Minuten Anstehen am Stadioneingang, wieder alles perfekt organisiert und sehr freundlich, dann im Innenraum und wieder schön weit vorn. Im Verlauf des Konzerts auf den Rängen eher deutsche Verhältnisse, also Sitzen und Klatschen, anders als in Barcelona, im Innenraum aber natürlich Top-Stimmung. Band in super Spiellaune, Bruce wie immer gut drauf. Absoluter Höhepunkt: „Fire“, bei dem Bruce und Patti sich schon SEHR nah kamen, da knisterte es richtig. Toll! Ein alles niederwalzendes „Murder Incorporated“, ein „Waiting'“ mit textsicherem und sichtbar begeistertem Mädchen auf der Bühne, und mit „Bobby Jean“ eine Zugabe nach dem Zugabenblock, mit der wir eigentlich nicht mehr gerechnet hätten. Dazu als endgültiger Abschluss ein akustisches „This Hard Land“, bei ich einige Quatscher neben uns mal kurz verwarnen musste (mit Erfolg): Das kam schon dicht an das Barcelona-Erlebnis ran. Hinterher wieder ein Konzertposter (San Sebastian, auf 800 Exemplare limitiert, 30 Euro, anderes Motiv und Format als in Barcelona) und glücklich auf den Heimweg gemacht. Nett auch, an den drei San-Sebastian-Tagen überall in der Stadt Tramps mit Springsteen-Tour-Shirts zu sehen. Ob in der Burg über der Stadt, am Strand und in der Pinxtas-Bar (die baskische Tapas-Variante): der Boss war allgegenwärtig.
Lissabon Mit dem Nachtzug nach Lissabon, das klingt ja schon mal romantisch und war auch so. Knapp 140 Euro pro Person im Schlafwagen (2er-Abteil) für eine gut zwölfstündige Fahrt, das ist okay, zumal wir ja die Hotelübernachtung sparten. Morgens dann schon um 7.30 Uhr in Lisboa, alles noch ganz leer und luftig, die Touris schliefen halt noch. Also schön die Stadt erkundet und erst gegen 21 Uhr mit der Metro in Richtung Bela Vista Park aufgemacht. Ein wenig kurios, dass das Festival Rock in Rio heißt, ist halt ein Ableger des berühmten Originals. Klar war, dass hier ein Festivalset zu erwarten war, kein normales E-Street-Band-Konzert. Sehr gemischtes Publikum von alt bis jung, viel Fun-Park-Drumherum (wer wollte, konnte etwa am Stahlband über die Zuschauermassen rasen oder sich im Gruppentanz zu schrecklichen Hip-Hop-Elektro-Beats versuchen). Vor Bruce spielte eine portugiesische Rockband: aus meiner Sicht völlig wertlos, aber das Publikum ging dazu doch ganz schön ab und sang alles mit. Müssen wohl Stars sein in Portugal. Als die E Street Band dann um 23.50 Uhr (!!!) auf die Bühne ging, eine kleine aber erwartete Enttäuschung: Patti war nicht dabei. Und auch die Setlist war in Kombination mit der Uhrzeit für mich nicht so der Burner. Halt Hits pur. Muss man bei einem Festival und einem Publikum, dass sich nicht die Bohne für Raritäten interessiert, natürlich so machen, aber ich brauch das nicht so dringend noch mal. Egal: Interessant, einen Festivalauftritt erlebt zu haben, dessen Dramaturgie eben eine ganz andere ist, und natürlich ist ein Springsteen-Konzert als Abschluss einen Tages in Lissabon immer ideal. Organisiert war auch hier wieder alles perfekt. Da die Metro nicht mehr fuhr, kamen Shuttlebusse zum Einsatz, für die man extra Tickets brauchte. Das war aber auf dem Gelände groß angekündigt, es gab Ticket-Verkaufsstände, auch bei den Bussen direkt, und ebenso wie beim Einlass sorgten Ordner und Polizei (!) für einen sehr geregelten Ablauf. Wir saßen jedenfalls schon im zweiten Bus, der dann auf dem Weg in die Altstadt mehrmals hielt, auch in der Nähe unsere Hotels, indem wir dann gegen 4 Uhr wieder aufschlugen. Springsteen-Merch gab es kaum (2 Shirts eine Cap), aber jede Menge Rock-in-Rio-Zeugs, manches auch mit allen Bands auf dem Rücken gelistet. Da konnten wir natürlich nicht Nein sagen.
Fazit: Eine tolle Tour, die zwar einiges gekostet hat, aber jeden Euro wert war. Drei Konzerte in 7 ½ Tagen bedeutet eben auch ordentlich Zeit zum Sightseeing (sofern man auf Pit und Rollcalls verzichtet), und bei Temperaturen von 20 bis 25 Grad gibt es vermutlich kaum eine schönere Gegend für eine kleine Springsteen-Reise. Jetzt beobachten wir erst einmal die Setlists hier, wundern uns etwas über das ständige Gemecker in den Foren und freuen uns auf die Fortsetzungen in Den Haag, Berlin, Mailand und Horsens. Immer wieder haben wir gesagt „Das nächste Mal sind wir aber dabei“ und dann gabs doch immer wieder Gründe, es nicht zu tun, jetzt haben wir's mal durchgezogen – und tolle Tage erlebt!
_________________ Sometimes I feel so weak, I just wanna explode.
2023: Barcelona - Oslo - Hamburg
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