The Police in Montreal, 26. Juli 2007
Seit Tagen gab es in Montreal im Radio fast kein anderes Thema mehr, als die anstehenden zwei Konzerte von The Police. Es wurde viel über die Bandgeschichte erzählt, Leute riefen im Radiosender an und erzählten, was sie mit Police und der Musik verbinden und zahlreiche Tickets wurden verlost. Was Police so mit Montreal verband, das war mir nicht klar, aber ich bekam es bald raus und war ziemlich erstaunt. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann haben The Police 1978 vor der ersten US-Tour ein paar Warm-Up Gigs an der Université de Montréal gespielt und dabei wohl richtig Spaß gehabt. Jedenfalls erschien die ganze Stadt in den Tagen vor den Konzerten wie im Police-Fieber und ich ließ mich davon anstecken. Ich schaute ca. eine Woche vor den Konzertterminen mal auf die Seite von Bell Center und es waren tatsächlich noch ein paar Rest-Tickets verfügbar. Ich entschied mich für die günstigste Kategorie (ca. 50Euro) und buchte ein Ticket, dass ich mir ein paar Stunden darauf direkt aus der Office Box abholte. Ja, da hatte ich es nun in der Hand und freute mich auf das Konzert-Erlebnis. Und der 26. Juli ließ nicht mehr lange auf sich warten.
Wie in Nordamerika üblich war es ein komplett bestuhltes Konzert und so schlenderte ich völlig entspannt gegen 18Uhr in Richtung Bell Center, denn der Einlass sollte um 18.30Uhr beginnen. Vor dem Bell Center waren ein paar Schwarzmarkt-Händler unterwegs und ein paar wenige Fans. Seitlich waren zwei T-Shirt Stände aufgebaut und jede Menge Radiosender hatten kleine Pavillons aufgestellt. Der Hauptsponsor veranstaltete ein kleines BBQ – aber alles im Allen gab es nicht viel zu sehen und alles war SEHR ruhig. So setzte ich mich in die Sonne und harte der Dinge, die da kommen sollten.
Gegen 18.30Uhr begann dann tatsächlich der Einlass – kanadische Pünktlichkeit. Mein Ticket wurde gescannt und man wünschte mir viel Spaß, keine Kontrollen auf Kameras, Aufnahmegeräte oder so was. Ich lief erst einmal innen ums Bell Center, schaute mir die Hall of Fame der Canadiens an und kaufte mir schließlich an einem der zahlreichen Stände eine Bretzel. Dann suchte ich meinen Platz in Sektor 429 Level Grey, Sitz 4. Diesen Platz hatte ich mir bei der Buchung ausgesucht, weil ich das Bell Center schon von einem Eishockey-Spiel her kannte und wusste, dass der Platz direkt gegenüber der Bühne sein würde und ich wollte das Konzert quasi als Gesamtkunstwerk erleben. Wie ich es mir gedacht hatte, gefiel mir der Platz gut.
Inzwischen war es dann bereits 19.30Uhr und die Vorband kam auf die Bühne – drei Jungs, die sich Fiktion Plan nennen und ordentlich los rockten. Sie taten mir jedoch etwas leid, denn in der Halle, wo ca. 30.000 Leute Platz finden, saßen vielleicht so 100 Leutchen. Aber egal, die Jungs hatten Spaß und machten gute Musik und so füllte sich die Halle auch bald. Als sich dann noch der Schlagzeuger ein Canadiens-Trikot überzog, war der Bann gebrochen und die Montrealer feierten die Jungs und ich bekam einen Eindruck davon, was wohl los sein müsste, wenn die Canadiens endlich mal wieder den Stanley-Cup gewinnen würden. Ich hatte keine Ahnung, dass vielleicht 5000 Menschen einen solchen Lärm machen können. Fiktion Plan spielte ca. 45 kurzweilige Minuten und wurden mit Standing-Ovations verabschiedet. Danach wurde die offene Bühne, die mich an ein Miniatur-Amphitheater erinnerte, etwas umgebaut und die Halle füllte sich nun endlich. Um 20.30Uhr begann ein euphorisches Klatschen begleitet von fordernden Pfiffen. Dann wurde es dunkel und „Stand up for your rights“ wurde von Band eingespielt und prompt nahmen es die Zuschauer ernst und alle bis in die letzte Reihe erhoben sich.
Und dann fing mit einem tiefen Bong das Konzert an, Police erschien auf der Bühne und legten gleich mit „Message in a Bottle“ los und Sting fragte: „Ca va Montreal?“, was vom Publikum natürlich gleich honoriert wurde. Danach war die Magie jedoch leider auch schon wieder verflogen. Die Band lieferte ein sehr professionelles Konzert mit einer tollen und sehr kreativen Bühnen- und Lichtshow ab, aber man hatte schnell das Gefühl, dass dort drei Virtuosen auf der Bühne stehen, die jeder für sich genial sind, aber so voller Individualität stecken, dass sie als Band nicht funktionieren und mir wurde klar, wieso eine Reunion-Tour erst nach 30Jahren zu Stande kommen konnte. Ich hatte oft das Gefühl, dass das Publikum heiß war und losbrechen wollte und immer wieder von Sting durch die ständigen Rhythmenwechsel in den Songs gebremst wurde. Sting sang seine Texte runter, hatte kaum Interaktion mit dem Publikum und man konnte irgendwie keinerlei Gefühlsregung an ihm feststellen, obwohl seine Mimik und Gestrig auf den über der Bühne angebrachten drei Leinwänden sehr gut zu verfolgen war. Auf den Leinwänden wurden dann meist auch die drei Band-Member für sich gezeigt, was den Vorteil hatte, dass man trotz der großen Entfernung zur Bühne sehr nah mit dabei war, aber andererseits den Eindruck verstärkte, dass die drei nicht wirklich zusammenspielten. Begeistert war ich jedoch von Andy Summers an der Gitarre, der einige wirklich großartige Soli-Momente hatte, jedoch wohl auch nicht so loslegen durfte, wie er gern gewollt hätte. Ja und Mr. Copeland am Schlagzeug war natürlich auch eine Klasse für sich. Highlights in der Setlist waren für mich „Don’t stand so close to me“, „Every little thing she does is magic“, „De do do do, de da da da“, „Can’t stand losing you” und dann schließlich bei einem genialen, famosen und euphorischen „Roxanne“ brach endlich das Publikum aus sich heraus, die ganz Halle stand, tanzte, sang, geflutet in ein tief rotes Licht (siehe Bild) und mir lief eine Gänsehaut über den Rücken – ein wirklicher Klassiker, der mit einer unglaublichen Energie und Perfektion dargeboten wurde und man bekam das Gefühl, dass nun endlich die Musiker warm waren und das Konzert so richtig losgehen konnte. Hmm, aber leider war „Roxanne“ auch schon der furiose Abschluss der Setlist vor den Zugaben. Die Zugaben waren dann jedoch wirklich der Hammer: „King of Pain“, „So Loneley“, bei dem sich nun auch das Publikum austoben durfte und ein wirklich schönes „Every breath you take“. Danach verließ die Band die Bühne, um nach einer kurzen Atempause zum definitiv letzten Song „Next to you“ noch einmal zu erscheinen. Ich kannte den Song nicht, war aber restlos begeistert, wie das rockte, mit welcher Perfektion Andy die Gitarre spielte, wie die Halle tobte, keiner saß mehr auf seinem Hintern, selbst ganz oben in der letzten Reihe knapp unter dem Hallendach tanzten und zappelten die Leute. Ich fragte mich, was dieses Publikum angestellt hätte, wenn es nicht ständig gebremst worden wäre – die Stimmung war einfach unglaublich und machte all die hier angesprochenen kleinen Minuspunkte weg und bescherte mir ein schönes und besonderes Konzerterlebnis.