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 Betreff des Beitrags: Ich lese zur Zeit...Buchempfehlungen
BeitragVerfasst: 08.07.2008 08:51 
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Ich lese z. Zeit zwei Bücher. Das eine, weil ich als praktizierender Heide etwas über den Ursprung des christlichen Glaubens erfahren möchte, das andere weil mich die Besiedlung des Westens in den letzten Jahren immer wieder mal beschäftigt hat.

Zu 1: Das Buch von Gott – von Walter Wangerin
Wem die Bibel zu trocken und langatmig ist, hat hier eine Alternative etwas darüber zu erfahren. Allerdings ist auch der Roman von Walter Wangerin in großen Teilen eine Geduldsprobe. In jedem Fall aber lehrreich. Mord, Inzucht, ethnische „Säuberungen“. Die Bibel ist ja voll davon. Ein biss’l schizophren ist die älteste Geschichte der Menschheit wohl auch. Ich war ein wenig verwirrt, als Moses vom Berg stieg mit den 10 - 17 Geboten im Gepäck, lautete sein erster Auftrag vom Herrn, den um das goldene Kalb tanzenden Mob restlos mit Kindern, Säuglingen und Vieh auszurotten. Wie war doch gleich das 5. (nach anderen Auslegungen das 6.) Gebot?. „Du sollst nicht morden“.
Und gleich hier trifft das 5. Gebot auf das 2. Gebot („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“). Nicht leicht zu verstehen. Was wiegt hier schwerer?
Mir wurde das Buch empfohlen, da mich die Bibel zwar interessiert, aber auch immer abgeschreckt hat. Und weiterempfehlen kann ich diesen Roman allemal.
Ich kann nicht nur dieses Buch lesen, brauche sozusagen als Zweitlektüre etwas, was sich leicht liest und darum

Zu 2: Dream West – von David Nevin
Die Geschichte von John Charles Fremont. Forscher, Kartograph, Präsidentschaftskandidat, Spielball der Politik.
Er kartographisierte im Auftrag der US-Regierung den „South Pass“ den Weg über die Rockies nach Kalifornien und ermöglichte durch seine Arbeit erst die Besiedlung des Westens. Wunderbar beschrieben sind die Streitigkeiten mit den Mexikanern und den Briten um das „Gelobte Land“.
Interessant ist mE, dass es nur eine Handvoll praktischer Männer waren (Fremont, Kit Carson und ein paar mehr), die der Besiedlungspolitik der USA den entscheidenden Vorteil brachten.
In diesem Roman, der eigentlich ein historisches Zeitdokument ist, lernt man viel über die Politik der USA, die zur Gründung der Republikanischen Partei und zum Bürgerkrieg geführt hat.
Viele historische Persönlichkeiten (Polk, Lincoln, Grant, Buchanan, Sutter, Davis, Jackson uvm.) werden mit ihrem Tun und Intrigen beschrieben.
Fazit: Wunderbar geschrieben und wirklich interessant!


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 10:09 
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Ich lese zur Zeit:

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Die Strasse
Zitat:
Aus der Amazon.de-Redaktion
Was ist da bloß aus Amerika auf unsere Büchertische niedergegangen? Drüben bemühte man bereits alttestamentarische Vergleiche. McCarthys frühere, düstere Werke kündigten einen solchen Wurf schon länger an. Nun aber, angesichts dieses finsteren Kreuzweges eines Vaters und seines Jungen durch ein schwarz verregnetes Endzeitamerika, wirken sie wie harmlose Fingerübungen. McCarthys Vision der letzten Menschheitstage nimmt sich aus, als wären Die Nacht der lebenden Toten in einem wahnwitzigen Remix wiederauferstanden. Ein verstörendes Stück Literatur. Man erschauert! Und erwacht!

Die Wand, von Marlen Haushofer. Thomas Glavinics Die Arbeit der Nacht. Letzter Überlebender in einer menschenleeren Welt zu sein, dies Thema hat Autoren seit jeher fasziniert. Doch keiner hat diesen Zustand derart existenzialistisch eingedampft wie McCarthy. Kein Baum, kein Strauch, keine Kreatur. Übrig ist nichts als das nackte Dasein. Wir kennen nicht den Anlass der Katastrophe, die Amerika in den nuklearen Winter gestürzt hat. Bleiben ohne Orientierung. Nur dieses erbarmungswürdige Bild wird uns eingebrannt: Der namenlose Vater und sein kleiner Sohn, ihren Einkaufswagen mit den wenigen Habseligkeiten über menschenleere Highways unter ewigem Ascheregen südwärts schiebend, in der Hoffnung auf ein wenig Wärme. Die, man ahnt es, nicht mehr zu finden sein wird!

Aus diesen frostigen Zutaten meiselt McCarthy Bilder von schauerlicher Gültigkeit. Die ständige Gefahr umherirrender Marodeure, die, grausigen Jenseitsgestalten gleich, auf der Suche nach Essbarem alles menschliche Verhalten abgelegt haben. Der Revolver des Vaters. Die verbliebenen zwei Patronen. Unmerklich jongliert McCarthy mit der Frage, ob in dieser apokalyptischen Kälte noch irgendein gütiger Gott am Wachen sei. Und bietet ebenso unmerklich eine Antwort an. Den Vater, der seinen kleinen Sohn in eiskalter Nacht unter der Plane wärmend an sich drückt. Ihn beschützend bis zum Ende. Seine letzte große Aufgabe. Spätestens jetzt wissen wir, was wir vor uns haben. Keinen Bruce Willis, keine Science fiction (was manche Mainstream-gewohnten Leser enttäuschte), -- sondern die zarte Geschichte einer großen Liebe in einer unwirtlichen Welt. Und dies fast ohne Worte! -– Ravi Unger -- Dieser Text bezieht sich auf eine andere Ausgabe: Taschenbuch .

Kurzbeschreibung
Ein Vater und sein Sohn wandern durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee grau. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Sie haben nichts als einen Revolver mit zwei Schuss Munition, ihre Kleider am Leib, eine Einkaufskarre mit der nötigsten Habe - und einander. "Die Straße" ist die bewegende Geschichte einer Reise, die keine Hoffnung lässt, nur die verzweifelte Liebe des Vaters zu seinem kränkelnden Sohn. Von der US-amerikanischen Kritik als "Meisterwerk" (Booklist) und als "das dem Alten Testament am nächsten kommende Buch der Literaturgeschichte" (Publishers Weekly) apostrophiert, ist dies der Höhepunkt von McCarthys außergewöhnlichem literarischem Werk. Es ist ein Roman über die letzten Dinge, über das Schlimmste und Beste, zu dem die Menschheit fähig ist: ultimative Zerstörung, verzweifeltes Durchhaltevermögen und, nicht zuletzt, die Zärtlichkeit und Zuneigung, die Menschen im Angesicht der Vernichtung Kraft zum Überleben geben.


Das Buch gibts hier

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BeitragVerfasst: 08.07.2008 10:21 
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[quote="Falko"]Ich lese z. Zeit zwei Bücher. Das eine, weil ich als praktizierender Heide etwas über den Ursprung des christlichen Glaubens erfahren möchte, das andere weil mich die Besiedlung des Westens in den letzten Jahren immer wieder mal beschäftigt hat.

Zu 1: Das Buch von Gott – von Walter Wangerin
Wem die Bibel zu trocken und langatmig ist, hat hier eine Alternative etwas darüber zu erfahren. Allerdings ist auch der Roman von Walter Wangerin in großen Teilen eine Geduldsprobe. In jedem Fall aber lehrreich. Mord, Inzucht, ethnische „Säuberungen“. Die Bibel ist ja voll davon. Ein biss’l schizophren ist die älteste Geschichte der Menschheit wohl auch. Ich war ein wenig verwirrt, als Moses vom Berg stieg mit den 10 - 17 Geboten im Gepäck, lautete sein erster Auftrag vom Herrn, den um das goldene Kalb tanzenden Mob restlos mit Kindern, Säuglingen und Vieh auszurotten. Wie war doch gleich das 5. (nach anderen Auslegungen das 6.) Gebot?. „Du sollst nicht morden“.
Und gleich hier trifft das 5. Gebot auf das 2. Gebot („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“). Nicht leicht zu verstehen. Was wiegt hier schwerer?
Mir wurde das Buch empfohlen, da mich die Bibel zwar interessiert, aber auch immer abgeschreckt hat. Und weiterempfehlen kann ich diesen Roman allemal.
Ich kann nicht nur dieses Buch lesen, brauche sozusagen als Zweitlektüre etwas, was sich leicht liest und darum



Und im Anschluss "Der Gotteswahn" von Richard Dawkins und "Der Herr ist kein Hirte" von Christopher Hitchens :wink:


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 11:15 
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Floyd hat geschrieben:
Ich lese zur Zeit:

Kurzbeschreibung
Ein Vater und sein Sohn wandern durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee grau. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Sie haben nichts als einen Revolver mit zwei Schuss Munition, ihre Kleider am Leib, eine Einkaufskarre mit der nötigsten Habe - und einander. "Die Straße" ist die bewegende Geschichte einer Reise, die keine Hoffnung lässt, nur die verzweifelte Liebe des Vaters zu seinem kränkelnden Sohn. Von der US-amerikanischen Kritik als "Meisterwerk" (Booklist) und als "das dem Alten Testament am nächsten kommende Buch der Literaturgeschichte" (Publishers Weekly) apostrophiert, ist dies der Höhepunkt von McCarthys außergewöhnlichem literarischem Werk. Es ist ein Roman über die letzten Dinge, über das Schlimmste und Beste, zu dem die Menschheit fähig ist: ultimative Zerstörung, verzweifeltes Durchhaltevermögen und, nicht zuletzt, die Zärtlichkeit und Zuneigung, die Menschen im Angesicht der Vernichtung Kraft zum Überleben geben.


Das Buch gibts hier[/quote]

Das klingt sehr interessant. Erhält einen Platz auf meiner Einkaufsliste! :D


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 11:19 
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[quote="Geronimo

Und im Anschluss "Der Gotteswahn" von Richard Dawkins und "Der Herr ist kein Hirte" von Christopher Hitchens :wink:[/quote]


Über den "Gotteswahn" gibt es ja eine Menge (und z.T. berechtigte) Publikationen. Die beiden von dir genannten kenne ich zwar, habe sie aber nicht gelesen.
Weiß nicht, @Geronimo, ob das jetzt eine tatsächliche Empfehlung von dir war, oder eine ironische Anspielung?

:?:


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 12:57 
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Falko hat geschrieben:
Ich lese z. Zeit zwei Bücher. Das eine, weil ich als praktizierender Heide


Watt? Und was praktizierst Du da? :shock: Ach Gott, der Harz... ich wusste doch, dass man bei Euch noch Hexen verbrennt!

Zitat:
Mord, Inzucht, ethnische „Säuberungen“. Die Bibel ist ja voll davon. Ein biss’l schizophren ist die älteste Geschichte der Menschheit wohl auch. Ich war ein wenig verwirrt, als Moses vom Berg stieg mit den 10 - 17 Geboten im Gepäck, lautete sein erster Auftrag vom Herrn, den um das goldene Kalb tanzenden Mob restlos mit Kindern, Säuglingen und Vieh auszurotten. Wie war doch gleich das 5. (nach anderen Auslegungen das 6.) Gebot?. „Du sollst nicht morden“.


Weil "Mord" eben eine Tötung wider des Gesetzes ist. Eine Hinrichtung ist ja auch kein Mord, sondern eben eine Hinrichtung. Und wer als Teil einer Kriegshandlung jemanden tötet, ist ja bis heute noch kein Mörder. Die Bibel ist gar nicht so widersinnig, wie oft behauptet wird. Sie ist bloß heillos überholt.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 13:44 
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Zitat:
Watt? Und was praktizierst Du da? :shock: Ach Gott, der Harz... ich wusste doch, dass man bei Euch noch Hexen verbrennt!


Das mit der Hexenverbrennung hatten wir doch schon mal. Wir machen das hier nicht mehr so oft, der Raummeter Holz wird ja auch immer teurer. Schade eigentlich... :wink:
Im Odenwald, sagtest du, sind sie doch in dieser Hinsicht auch recht flexibel. :twisted:


Zitat:
Weil "Mord" eben eine Tötung wider des Gesetzes ist. Eine Hinrichtung ist ja auch kein Mord, sondern eben eine Hinrichtung. Und wer als Teil einer Kriegshandlung jemanden tötet, ist ja bis heute noch kein Mörder. Die Bibel ist gar nicht so widersinnig, wie oft behauptet wird. Sie ist bloß heillos überholt.


Ob eine Hinrichtung nun Mord ist oder nicht, da hatten wir ja schon die lebhaftesten Diskusionen hier.
Und ob ein ganzes Volk in Sippenhaft genommen werden muss, ist mit meiner Auffassung von göttlicher Gerechtigkeit auch nicht vereinbar.
Mir kommt die Bibel, oder besser, der Roman von Wangerin der sich daran anlehnt, in mancher Hinsicht suspekt vor.
Der oberste Herr, oder Herr der Heerscharen, gebärdet sich einige Male wie ein beleidigtes Kind, wenn sein “Spielzeug” (die Israeliten) mal wieder nicht so funktionieren, wie ER es denn gern hätte. :argue


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 14:48 
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Falko hat geschrieben:
Im Odenwald, sagtest du, sind sie doch in dieser Hinsicht auch recht flexibel. :twisted:


Ach im Odenwald meint man ja auch immer noch, dass der Rodensteiner umgehen würde... und dann erst der ganze Quark über die Burg Frankenstein, oh Mann, man hat's nicht leicht so im Einzugsgebiet von Hintertupfingen zu leben... Darmstadt selbst ist ja auch eine Hinterwäldlerörtchen unter einer Großstadtmaske mit dem romantischen Charme einer Reihenhaussiedlung... ich bin gern hier...

Zitat:
Ob eine Hinrichtung nun Mord ist oder nicht, da hatten wir ja schon die lebhaftesten Diskusionen hier.
Und ob ein ganzes Volk in Sippenhaft genommen werden muss, ist mit meiner Auffassung von göttlicher Gerechtigkeit auch nicht vereinbar.


Ja, aber darum geht's nicht. Sondern lediglich darum, dass das Gebot: "Du sollst nicht morden", entgegen der landläufigen Meinung, eben nicht im Widerspruch steht zu den Kriegen und Genoziden, die Gott im Alten Testament befiehlt.

Zitat:
Der oberste Herr, oder Herr der Heerscharen, gebärdet sich einige Male wie ein beleidigtes Kind, wenn sein “Spielzeug” (die Israeliten) mal wieder nicht so funktionieren, wie ER es denn gern hätte. :argue


Der Fehler ist, die "Person Gottes" zu wörtlich zu nehmen. Die Bibel ist die Sammlung von unzähliger Schriften, die im Zeitraum von Jahrtausenden entstanden sind. Der Pentateuch berichtet dabei unter anderem auch von der Entwicklung des Monotheismus und gibt dem jeweils zu diesem Zeitpunkt in der damligen jüdischen/israelitischen Gesellschaft geltenden Gemeinwesen einen historisierenden Sinn. Religion war damals für den Zusammenhalt einer Gesellschaft schlicht notwendig, Moses Gesetzestafeln waren der ersten Schritt zu einem Rechtsstaat. Aber wie sollte man damals die Entscheidungsgewalt der herrschenden Richter legitimieren (die frühe israelitische Gesellschaft war ja keine Monarchie, sondern ein Judikat), das ging damals nur über Gott. Hätte man ihn nicht herangezogen, hätte jeder Richterspruch von jedem, dem er nicht passte, grundsätzlich in Zweifel gezogen werden können. Die Folgen wäre ein ständiger Bürgerkrieg gewesen. Erst mit Einführung der Monarchie legitimierten sich die Herrscher über ihre Abstammungslinie (auch Jesus konstruierte man Jahrhunderte später mit dem absurden Volkszählungsmythos eine Abstammung vom Haus David an, um ihn als oberste Instanz zu legitimieren), und ab diesem Zeitpunkt (also Saul, David, Salomo) nimmt auch das direkte Eingreifen Gottes in den Erzählungen der Bibel drastisch ab.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 15:30 
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Zitat:
Der Fehler ist, die "Person Gottes" zu wörtlich zu nehmen. Die Bibel ist die Sammlung von unzähliger Schriften, die im Zeitraum von Jahrtausenden entstanden sind. Der Pentateuch berichtet dabei unter anderem auch von der Entwicklung des Monotheismus und gibt dem jeweils zu diesem Zeitpunkt in der damligen jüdischen/israelitischen Gesellschaft geltenden Gemeinwesen einen historisierenden Sinn. Religion war damals für den Zusammenhalt einer Gesellschaft schlicht notwendig, Moses Gesetzestafeln waren der ersten Schritt zu einem Rechtsstaat. Aber wie sollte man damals die Entscheidungsgewalt der herrschenden Richter legitimieren (die frühe israelitische Gesellschaft war ja keine Monarchie, sondern ein Judikat), das ging damals nur über Gott. Hätte man ihn nicht herangezogen, hätte jeder Richterspruch von jedem, dem er nicht passte, grundsätzlich in Zweifel gezogen werden können. Die Folgen wäre ein ständiger Bürgerkrieg gewesen. Erst mit Einführung der Monarchie legitimierten sich die Herrscher über ihre Abstammungslinie (auch Jesus konstruierte man Jahrhunderte später mit dem absurden Volkszählungsmythos eine Abstammung vom Haus David an, um ihn als oberste Instanz zu legitimieren), und ab diesem Zeitpunkt (also Saul, David, Salomo) nimmt auch das direkte Eingreifen Gottes in den Erzählungen der Bibel drastisch ab.



Bin (mal wieder) beeindruckt. Und vor allen Dingen hast du diesmal deinen Standpunkt so dargelegt, dass ich ihn verstehen kann. Das ist schon schlüssig.
Die „Person Gottes“ wörtlich zu nehmen wird heute aber doch von sämtlichen selbsternannten Vertretern auf Erden praktiziert.
Wir sind ja hier bei Buchempfehlungen. Also empfehle doch einfach mal das ein oder andere deutschsprachige Buch das sich, nach deiner Meinung, sinnvoll damit auseinandersetzt.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 17:27 
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Falko hat geschrieben:
Die „Person Gottes“ wörtlich zu nehmen wird heute aber doch von sämtlichen selbsternannten Vertretern auf Erden praktiziert.


Tja, Leute, die das System nicht verstanden haben, sind meistens die glühensten Vertreter desselbigen, mag das nun ein religiöses oder ein politisches sein, völlig egal.

Zitat:
Wir sind ja hier bei Buchempfehlungen. Also empfehle doch einfach mal das ein oder andere deutschsprachige Buch das sich, nach deiner Meinung, sinnvoll damit auseinandersetzt.


Umfassende populärwissenschaftliche und gleichzeitig seriöse Bücher sind in diesem Zusammenhang leider Mangelware, was im ersten Moment überrascht, aber leicht zu erklären ist: bei diesem Thema sind wir kulturell "vorbelastet", was dazu führt, dass erfolgreiche Bücher entweder religiöse Verteidigungsschriften im Sinne von: "im Kern alles wahr" sind oder aber provokante "Alles Quatsch"-Polemiken wie dieses unsägliche Propaganda-Machwerk von Dawkins. Der Mann ist ein Schwätzer, der keine Ahnung hat von dem was er schreibt, weil er keine Ahnung davon haben will... und nur weil er jetzt einen Kurzauftritt bei Doctor Who hatte, kann ich ihn trotzdem noch nicht leiden.

Alles was dazwischen liegt, das seriöse also, bekommt zu wenig mediale Aufmerksamkeit, als dass es für Verlage sonderlich interessant wäre. Das trifft besonders auf die Frage nach der Entstehung des Monotheismus zu. Da ist man auf einzelne wissenschaftliche Artikel angewiesen, um sich seriös zu informieren.

Zur eigentlichen Geschichte Israels bzw. der historischen Realität hinter dem Mythenbuch "Die Bibel" gibt es dagegen durchaus einiges, z.B.: "Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen" von Herbert Donner, selbst in der Taschenbuchausgabe allerdings nicht ganz billig. Eine kurze, knapp 30-seitige Zusammenfassung davon gibt's aber auch umsonst im Netz: http://www.fvtheol.unizh.ch/download/apparat/donner.pdf , wenn auch mit erschreckend vielen Tippfehlern. Das ist eine durchaus seriöse und nicht reißerische Aufarbeitung der Informationen, die wir aus archäologischen Funden und Bibelkritik über die Hintergründe der Erzählungen im Alten Testament haben.

Gut zu lesen, dafür aber ziemlich reißerisch, wäre auch noch "Keine Posaunen vor Jericho" von Israel Finkenstein. Das ist im Grundtenor allerdings leider eines dieser provokanten "Alles ist Quatsch"-Bücher - allein schon über den Titel könnte ich mich aufregen, kein Mensch bei klaren Verstand hat in den letzten 150 Jahren ernsthaft angenommen, dass die Mauern von Jericho allein durch Posaunengetute eingestürzt sind... wenn man allerdings die Dawkins-Momente überliest, findet man dort durchaus noch eine ganze Reihe interessanter Darlegungen.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 18:13 
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Zitat:
provokante "Alles Quatsch"-Polemiken wie dieses unsägliche Propaganda-Machwerk von Dawkins. Der Mann ist ein Schwätzer, der keine Ahnung hat von dem was er schreibt, weil er keine Ahnung davon haben will... und nur weil er jetzt einen Kurzauftritt bei Doctor Who hatte, kann ich ihn trotzdem noch nicht leiden.


Damit begibst Du Dich aber etwa auf das gleiche argumentative Niveau wie Dawkins ... :D . Ich habe "Der Gotteswahn" auch gelesen - im englischen Original und finde das Buch zwar polemisch (insbesondere seine Kritik an den Agnostikern), aber im Kern durchaus gut. Grundsätzlich ist unsere Gesellschaft hier in Mitteleuropa deutlich säkularer als die amerikanische, daher trifft seine Kritik hier weniger zu.

Das Problem ist für mich - ich weiß nicht, wen Dawkins eigentlich erreichen will - es wird vermutlich keinen einzigen gläubigen Christen geben, der nach der Lektüre seinen Glauben fallen lässt (insbesondere keinen der fundamentalistischen Christen, die Dawkins treffen will). Und wer Atheist ist, braucht keine Bestätitgung seiner Überzeugung mehr.

_________________
10.5.03 Ludwigshafen * 15.6.05 Frankfurt * 16.5.06 Amsterdam (NL) * 6.11.06 Köln * 1.12.07 Arnheim (NL) * 16.6.08 Düsseldorf *
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BeitragVerfasst: 08.07.2008 18:43 
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DocFederfeld hat geschrieben:
Zitat:
provokante "Alles Quatsch"-Polemiken wie dieses unsägliche Propaganda-Machwerk von Dawkins. Der Mann ist ein Schwätzer, der keine Ahnung hat von dem was er schreibt, weil er keine Ahnung davon haben will... und nur weil er jetzt einen Kurzauftritt bei Doctor Who hatte, kann ich ihn trotzdem noch nicht leiden.


Damit begibst Du Dich aber etwa auf das gleiche argumentative Niveau wie Dawkins ... :D . Ich habe "Der Gotteswahn" auch gelesen - im englischen Original und finde das Buch zwar polemisch (insbesondere seine Kritik an den Agnostikern), aber im Kern durchaus gut. Grundsätzlich ist unsere Gesellschaft hier in Mitteleuropa deutlich säkularer als die amerikanische, daher trifft seine Kritik hier weniger zu.

Das Problem ist für mich - ich weiß nicht, wen Dawkins eigentlich erreichen will - es wird vermutlich keinen einzigen gläubigen Christen geben, der nach der Lektüre seinen Glauben fallen lässt (insbesondere keinen der fundamentalistischen Christen, die Dawkins treffen will). Und wer Atheist ist, braucht keine Bestätitgung seiner Überzeugung mehr.


Dawkins begibt sich in theologische Fragestellung, von denen er ganz offensichtlich keine Ahnung hat. Er behandelt theologische Probleme mit wissenschaftlicher Methodik, allerdings mit einer Grundthese ("Gott gibbet net"), die sich selbst der Überprüfung wissenschaftlicher Methodik entzieht. Er kritisiert also mit einer Methodik, der seine eigenen Thesen nicht statthalten würden, würde er objektiv an die Sache herangehen. Gäbe es keinen Dan Brown, wäre Dawkins Buch das dümmste, das in den letzten zehn Jahren erschienen ist.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 19:06 
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Nebenbei, bevor ich mich hier wieder mal zu tief in erkenntnisphilosophische Debatten versteife, die am Ende doch nur jeden langweilen, komme ich mal aufs Thema zurück und erwähne die beiden Romane, die ich zuletzt gelesen habe, und die ich beide wärmstens weiterempfehlen kann, nämlich:

Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers, ein wunderbarer sowohl spannender als auch witziger Fantasy-Roman

und als Kontrast:

The Rum Diary von Hunter Thompson, für letzteres brauchte ich allerdings drei Anläufe, weil dieses Frühwerk nur sehr ansatzweise etwas mit dem späteren Hunter Thompson, den ich sehr verehre, zu tun hat, wie gesagt, drei Anläufe, dann war meine Erwartungshaltung endlich darnieder und ich habe einen wunderbaren Roman über das Kuba der späten 50er gelesen.


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BeitragVerfasst: 08.07.2008 20:33 
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Ragman hat geschrieben:
Er behandelt theologische Probleme mit wissenschaftlicher Methodik, allerdings mit einer Grundthese ("Gott gibbet net"), die sich selbst der Überprüfung wissenschaftlicher Methodik entzieht.
Stimmt. Kein Widerspruch möglich. Der entscheidende Beweggrund für Dawkins scheint mir allerdings zu sein, daß er Religionen und Religionskonflikte für viele der grössten Übel der Menschheitsgeschichte verantwortlich macht - und da hat er Recht - unabhängig davon, ob ein Gott (oder viele?) existiert.

__________________________

Zurück zu den Büchern:

Ich habe gerade Der Klang der Zeit von Richard Powers zuende gelesen - "der Roman verwebt die Geschichte einer farbigen Musikerfamilie mit der Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft zwischen den 20er-Jahren und den Rassenunruhen im Los Angeles der 90er, zugleich aber verbindet der Roman auch die Denkwelten der Physik mit den Kunstwelten der Musik" (Zitat Amazon :wink: ). Ein sehr umfangreiches Buch, gut 800 Seiten, aber großartig geschrieben und sehr empfehlenswert.

_________________
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BeitragVerfasst: 08.07.2008 20:56 
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DocFederfeld hat geschrieben:
Der entscheidende Beweggrund für Dawkins scheint mir allerdings zu sein, daß er Religionen und Religionskonflikte für viele der grössten Übel der Menschheitsgeschichte verantwortlich macht


Und das ist so pauschal auch falsch. Man kann höchstens Religion als Mittel zum Erzeugen einer Gemeinschaft ansehen, die dann eben geschlossen für ein Ziel zusammenarbeitet (genau das ist ja -nebenbei bemerkt- in Israel geschehen, der einheitliche Jahwe-Glaube verband die zwölf Stämme Israels, die sonst einer nach dem anderen von den Philistern plattgemacht worden wäre). Sicher kann man solch ein Gemeinschaftsgefühl dann für Kriege instrumentalisieren, wie das zum Beispiel bei den Kreuzzügen der Fall war oder dem 30-jährigen Krieg, der ja auch faktisch kein Religionskrieg war, auch wenn er gerne als das verkauft wird.

Daraus aber ein pauschale These, Religion sei der Ursprung kriegerischer Konflikte ist Blödsinn. Menschen organisieren sich, das liegt in unserer Natur, ob das nun mit der Methode einer Religion, eines Nationalstaates, einer politischen Ideologie, der Zugehörigkeit zu einer Sippe, einer Familie oder was auch immer geschieht, ist dabei vollkommen egal. Wohin dann diese so künstlich erzeugte Gemeinsamkeiten zwischen sonst unabhängigen Individuen gelenkt werden, oder auch ausgenutzt von denen, die die Macht dazu zu haben, hat nichts mit dem Wesen der Methode zu tun. Religion ist nicht der Ursprung des Krieges oder der Grausamkeiten. Man kann sie lediglich dazu nutzen. Schafft man aber die Religion ab, so verhindert das nicht einen Krieg, nur die Methode, wie man die Leute vom Krieg überzeugt, ändert sich.


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