Limbus hat geschrieben:
jetzt würde mich aber trotzdem interessieren, ob Du das Buch noch im Vorfeld durchgelesen hast?
Nein, hab' ich nicht. Mir fehlt seit einiger Zeit die Muße, mal wieder ein Buch in die Hand zu nehmen. Derzeit beschränkt sich meine Lektüre auf Zeitschriften. Allerdings bin ich gemeinhin sehr gut in der Lage, zwischen Buch und Film zu unterscheiden. Ein Film muss für mich nicht als Adaption eines Buchs funktionieren, sondern für sich. Nur wenn ein Regisseur für sich in Anspruch nimmt, die ultimative Adaption einer Literaturvorlage geschaffen zu haben, muss er sich an diesen Worten messen lassen. An meiner Rezeption des Films ändert das jedoch nix.
Zitat:
Lasse & Kotelette, was meint Ihr, wäre Mensch dazu fähig?
Ich glaube, dass der Mensch zu allen Abgründen fähig ist, die Literaten, Filmemacher und wir selbst uns vorstellen können. Kannibalismus aus Verzweiflung und Überlebenswillen gehört definitiv dazu zumal er belegt ist, wie schon die hier genannten Beispiele zeigen. Den finde ich gar nicht mal besonders abgründig. Ein Tabubruch, klar, aber da ich den Tod für etwas Endgültiges halte, nach dem nix mehr kommt, kann ich einem Leichenkult ohnehin nicht viel abgewinnen. Wenn nach meinem Tod andere Menschen dadurch überleben, dass sie mich verspeisen, ist das doch an sich sogar 'ne feine Sache - außer wenn sie mich abgemurkst haben. Ich bin leider nicht ganz sicher, welche meiner Körperteile oder welche Organe am schmackhaftesten sind. Das Herz? Etwas hart. Die Leber? Zu sehr mit Alk getränkt und sowieso geschrumpft. Die Haxen? Lang genug sind sie ja - aber zäh.
Im Film
The Road - vermutlich auch im Buch - wird der Kannibalismus als Teil einer Verrohung der kannibalisierten Überlebenden dargestellt, zumal er mit Menschenjagd einhergeht. Das ist sicher ein anderer Schnack als damals die Überlebenden des Flugzeugabsturzes in den Anden.
Im Herzen der See hab' ich gleich mal auf meinen Amazon-Wunschzettel gelegt. Klingt interessant. Auch von mir gibt's zum Thema
Wozu sind Menschen fähig? einen Literaturtipp - ein Geschichtsbuch, allerdings nichts mit Kannibalismus:
http://www.amazon.de/Ganz-normale-M%C3% ... 349&sr=8-11942 wurde ein aus den titelgebenden
ganz normalen Männern bestehendes Hamburger Polizeibataillon nach Polen abkommandiert. Dort bestand ihre Aufgabe darin, die die arbeitsfähigen Juden von den übrigen zu trennen und jüdische Frauen, Kinder, Alte und Gebrechliche zu erschießen. Vor Beginn wurde gefragt, wer sich dazu nicht in der Lage fühle - von 500 Mänern traten 12 vor und wurden von dieser Aufgabe entbunden, ohne dass ihnen dadurch irgendwelche Nachteile entstanden. Die übrigen begannen ihr mörderisches Werk und gingen nach ein paar Anfangsschwierigkeiten bald überaus gründlich vor. Ein Mann spezialisierte sich sogar darauf, Kinder zu töten. Seine Begründung: Die Mütter würden ja ohnehin erschossen, da seien die Kinder gar nicht mehr lebensfähig, seine Tat somit weniger verwerflich.
Ein seriöses und differenziertes Buch, weniger reißerisch als das etwas später erschienene
Hitlers willige Vollstrecker von
Daniel Jonah Goldhagen. In der aktuellen Auflage beschäftigt sich Browning auch mit Goldhagens These, der uns Deutschen damals innewohnende Antisemitismus sei per se eliminatorisch gewesen und habe somit beinahe zwangsläufig zum Holocaust geführt. Diese ergänzte Kapitel aus Brownings Buch hab' ich aber nicht gelesen, weil ich das Buch seinerzeit gleich bei Erscheinen gekauft habe.